Deutschlands Strom-Handelsbilanz 2024: Rekordanteil erneuerbarer Energien und steigende Importe
Die deutsche Stromwirtschaft hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand bei der Erzeugung aus erneuerbaren Energien erreicht. Gleichzeitig erfordert die schwankende Verfügbarkeit von Wind- und Sonnenenergie jedoch vermehrte Stromimporte. Besonders der Import von Atomstrom aus dem Ausland ist in den Fokus gerückt.
Anteil erneuerbarer Energien auf Rekordhoch
Der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix ist so hoch wie nie zuvor. Während die Bundesnetzagentur 59 Prozent angibt, nennt das Fraunhofer-Institut einen Wert von 62,7 Prozent. Nicht erfasst sind dabei kleinere Erzeuger, die ihren produzierten Strom direkt selbst verbrauchen.
Warum muss Deutschland trotzdem Strom importieren?
Trotz der beeindruckenden Zahlen bringt die erneuerbare Stromerzeugung Herausforderungen mit sich. Wind- und Solarenergie unterliegen starken Schwankungen und sind saisonal bedingt nicht immer verlässlich verfügbar. Um eine stabile Energieversorgung sicherzustellen, muss daher Strom aus anderen Ländern zugekauft werden.
Laut der aktuellen Handelsbilanz für 2024 weist Deutschland ein Defizit von 31,9 Terawattstunden (TWh) auf. Einer der Hauptgründe dafür sind die niedrigeren Stromerzeugungskosten in den Nachbarländern sowie die steigenden CO2-Zertifikatskosten in Deutschland.
Zunehmender Import von Atomstrom
Besonders kritisch wird die steigende Abhängigkeit von Atomstromimporten gesehen. 2024 importierte Deutschland dreimal so viel Atomstrom wie noch vor zehn Jahren – insgesamt 18,3 TWh. Der größte Anteil stammt aus Frankreich, gefolgt von der Schweiz, den Niederlanden, Belgien, Schweden und Tschechien. Insgesamt machten ausländische Atomstromimporte vier Prozent des deutschen Gesamtverbrauchs aus.
Schwankende Strompreise – Ursachen und Auswirkungen
Die Preise für Strom unterlagen 2024 starken Schwankungen. Der durchschnittliche Großhandelspreis lag bei 78,51 Euro pro Megawattstunde (MWh), wobei es erhebliche Ausreißer gab. Der höchste Preis wurde am Abend des 12. Dezember mit 936,28 Euro pro MWh erreicht. In anderen Zeiten war das Angebot so groß, dass Produzenten Geld zahlten, um ihren Strom loszuwerden – der negative Höchstpreis lag bei -135,45 Euro pro MWh.
Diese Preisschwankungen verdeutlichen das zentrale Problem der erneuerbaren Energien: Während Wind- und Solaranlagen sehr günstigen Strom erzeugen, wenn sie laufen, müssen konventionelle Kraftwerke hohe Betriebskosten stemmen. Insbesondere Gaskraftwerke sind teuer im Betrieb, da sie auf fossile Brennstoffe angewiesen sind.
Europas Strommarkt als Stabilitätsfaktor
Ein wichtiger Faktor zur Stabilisierung der Stromversorgung ist der europäische Stromhandel. Über die Leipziger Energiebörse sowie die Pariser Spotmarktbörse können langfristige und kurzfristige Stromgeschäfte abgewickelt werden. Dies hilft, Angebot und Nachfrage auszugleichen.
Generell steigt die Nachfrage in den Wintermonaten und fällt im Sommer. Auch innerhalb eines Tages gibt es Schwankungen: Während die Nachfrage tagsüber hoch ist, sinkt sie nachts deutlich. Der europäische Stromverbund trägt dazu bei, diese Ungleichgewichte auszugleichen und eine stabile Versorgung sicherzustellen.
Rolle des Staates und zukünftige Herausforderungen
Die deutsche Regierung beeinflusst den Strommarkt maßgeblich durch Steuern, Abgaben und Regulierungen. Ein Balanceakt zwischen Erschwinglichkeit, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit ist dabei notwendig.
Vergleichsdaten zeigen, dass Strompreise innerhalb Europas stark variieren. In einigen Ländern zahlen Haushalte und Industrieunternehmen deutlich weniger als in Deutschland. Hohe Lohnkosten, Steuern und Subventionen beeinflussen dabei die Preisgestaltung erheblich.
Die Bedeutung von Stromspeichern
Ein zentraler Baustein für die Zukunft der Energieversorgung sind Speichersysteme. Sie könnten dazu beitragen, überschüssigen Strom bei hoher Produktion zu speichern und in Zeiten von Engpässen bereitzustellen. In Deutschland sind große Speicherkapazitäten bislang jedoch nicht in ausreichendem Maß vorhanden.
Eine Alternative zur Speicherung könnte die Umwandlung überschüssiger Energie in synthetische Kraftstoffe sein. In einem aktuellen Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird vorgeschlagen, überschüssigen Strom zur Herstellung von grünem Wasserstoff oder synthetischem Benzin zu nutzen. Dies könnte eine langfristige Lösung für Zeiten mit hoher Stromproduktion sein.
Fazit: Deutschland bleibt auf Importe angewiesen
Trotz des wachsenden Anteils erneuerbarer Energien bleibt Deutschland auf Stromimporte angewiesen, insbesondere bei Dunkelflauten und hoher Nachfrage. Der europäische Strommarkt trägt dazu bei, Schwankungen auszugleichen, doch die Abhängigkeit von fossilen und nuklearen Energiequellen aus dem Ausland bleibt bestehen. Die Entwicklung neuer Speichertechnologien und eine verbesserte Infrastruktur werden entscheidend sein, um die Energiewende weiter voranzutreiben.
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